Ich habe euch mit Teil 3 meiner Reihe zum Unterrichtsentwurf nun etwas warten lassen – ich bitte darum, mir dies nachzusehen. Die ersten Wochen im Schuljahr sind ja immer etwas aufwändiger. Im heutigen Beitrag wird es um das Herzstück eures Unterrichtsentwurfs gehen. Kapitel 4 hält für euch die wichtigen Standards und Kompetenzen und die Standardkonkretisierung bereit, an denen sich alle Fachseminarleiter in der Reflexion orientieren. Gleichzeitig dient das Kapitel dazu, eure individuellen Unterrichtsvoraussetzungen darzulegen und eure Planung, eure Vorüberlegungen und Abwägungen zu begründen. Ihr merkt: Kapitel 4 ist wichtig.
4. Kompetenzen und Standards
1. Allgemeine Unterrichtsvoraussetzungen
2. Begründung der Lehr- und Lernstruktur
Wer sich nochmal Teil 1 zum Aufbau anschauen und sich meine Hinweise und Tipps ansehen möchte, klickt bitte hier. Wenn es stattdessen nochmal Teil 2 mit den ersten 3 Kapiteln sein darf, geht es hier entlang. Ansonsten geht es jetzt los mit dem dritten Teil meiner Reihe zum Unterrichtsentwurf. Verratet mir doch bitte in einem Kommentar, ob ihr den Beitrag als hilfreich empfunden habt.
Der Unterrichtsentwurf: Von Kompetenzen bis zur Lehr- und Lernstruktur
Eine kurze Erinnerung zum Aufbau eines Unterrichtsentwurfs sei mir an dieser Stelle nochmal erlaubt. Wie man schnell feststellen wird, beziehen sich die Angaben auf den Vorbereitungsdienst in Berlin. Ich denke dennoch, dass man auch in anderen Bundesländern viel adaptieren kann.
Was gehört zum Unterrichtsentwurf?
Aus den Vorgaben des Senats im Handbuch Vorbereitungsdienst (Teil 1) ergab sich der folgende Aufbau, den ich stets verwendet habe:
- Individuelle Kompetenzentwicklung der Lehrperson
- Einordnung der Stunde in die Unterrichtsreihe
- Fachlich-inhaltlicher Schwerpunkt (Sachanalyse)
- Kompetenzentwicklung und Standards
- Allgemeine Unterrichtsvoraussetzungen
- Begründung der Lehr- und Lernstruktur
- Individuelle Kompetenzentwicklung der Lernenden
- Verlaufsplan
- ggf. Quellenverzeichnis
- Anhang
Kapitel 4: Kompetenzentwicklung und Standards
Die Arbeit am vierten Kapitel beginnt stets mit einem Blick in den Rahmenlehrplan eures Faches. Hier in Berlin sind dort Kompetenzen und Standards aufgeführt, deren Fördern und Erreichen über die Schuljahre hinweg unser Ziel ist.
Der Übersichtlichkeit wegen bietet sich am Anfang des vierten Kapitels eine Tabelle an, in der drei stark zusammenhängende Inhalte aufgeführt sind: Kompetenzen (ggf. inhaltsbezogene und/oder prozessbezogene), der Stand der Kompetenzentwicklung sowie die Standardkonkretisierung. Alle drei Inhalte stehen in direktem Zusammenhang miteinander und können deshalb idealerweise in drei Spalten dargestellt werden.
Beginnen wir nun mit…
1. Kompetenzen
Viele Referendare überlegen sich bei der Planung zunächst, was sie inhaltlich thematisieren möchten und machen ihre Ideen erst im Nachhinein (im schlimmsten Fall, wenn Alles schon fertig ist) am Rahmenlehrplan fest. Dann zu versuchen, die eigenen Ideen auf Biegen und Brechen den zu fördernden Kompetenzen zuzuordnen, ist eigentlich nicht der richtige Weg Besser und zu empfehlen: Erst anhand des Rahmenlehrplans überprüfen, welche Kompetenzen zu fördern sind und anhand dessen die Reihe und natürlich die Stunden planen.
Der Vorteil liegt auf der Hand: Plant ihr auf Basis eures Rahmenlehrplans, wird die Zuordnung in Kapitel 4 zum Kinderspiel. Gleichzeitig ist die Kritik häufig, dass ausgewählte Kompetenzen nicht zur gezeigten Stunde passen. In den letzten Jahren haben hier in Berlin falsch gewählte Kompetenzschwerpunkte nicht selten zu verheerenden Noten im Staatsexamen oder sogar Nicht-Bestehen geführt. Also unterschätzt diesen Kritikpunkt nicht, denn ihr könnt ihm leicht entgegenwirken, indem ihr vom Rahmenlehrplan aus plant.
Bei der Formulierung könnt ihr dann entweder direkt zitieren oder Formulierungen leicht an eure Bedürfnisse anpassen. Es ist okay, an dieser Stelle nah am Rahmenlehrplan zu arbeiten. So verdeutlicht ihr euren Bezug ganz klar. Angabe der Quelle aber nicht vergessen!
2. Stand der Kompetenzentwicklung
Der Stand der Kompetenzentwicklung bezieht sich direkt auf die zuvor deklarierten Kompetenzen, die den Schwerpunkt für die zu zeigende Unterrichtsstunde darstellt. Es gilt an dieser Stelle darum, die Kompetenzen in Bezug zum aktuellen Stand in der Kompetenzentwicklung zu setzen. Nehmt euch also jede erwähnte Kompetenz zur Hand und überlegt euch, inwieweit eure Schüler die Kompetenz schon besitzen und an welcher Stelle noch nicht.
Fragen, die euch bei den Vorüberlegungen helfen können:
In Hinblick auf die angegebenen Kompetenzen:
- Was können die SuS sicher?
- An welcher Stelle benötigen die SuS Hilfe?
- Was können die SuS noch nicht?
Formulierungen, die euch helfen können, den Stand darzulegen:
- Die SuS können/ Den SuS gelingt es …/ Die SuS sind vertraut…
- … sicher/ zunehmend/ unter (geringer) Anleitung/ im Ansatz
3. Standardkonkretisierung
Die Standardkonkretisierung sind vermutlich die ein bis zwei Sätze, die im Voraus am meisten diskutiert werden. Zu Recht. Eure Unterrichtsstunde wird sich im Allgemeinen an der Standardkonkretisierung messen lassen müssen. Die Reflexion wird sinnvollerweise an der Standardkonkretisierung aufgebaut. Damit ist sie für eine gelungene Stunde ausschlaggebend.
Auch die Standardkonkretisierung bezieht sich auf die gewählten Kompetenzen, konkretisiert diese aber im inhaltlichen Zusammenhang zur Stunde. Stellt euch die Frage, was ihr in der Stunde erreichen wollt. Ein weit verbreiteter Fehler liegt darin, einfach den Verlauf der Unterrichtsstunde auszuformulieren. Das ist damit aber nicht gemeint.
Wie sieht euer konkretes Ziel aus? Denkt daran, dass das Ziel überprüfbar sein muss. Nehmt also beobachtbares Verhalten in eure Standardkonkretisierung auf.
Tipps zur Formulierung der Standardkonkretisierung
Tipp 1: Überlegt euch, was ihr am Ende der Stunde gesehen haben möchtet, so dass ihr erkennen könnt, dass ihr euer Ziel erreicht habt. Dafür bieten sich beispielsweise Unterrichtsgespräche oder Schüleraktivitäten an, die die neu gewonnen Erkenntnisse voraussetzen. Es macht durchaus Sinn, sich während der Planung der Unterrichtsstunde mit der Standardkonkretisierung auseinanderzusetzen und zu überlegen, welches beobachtbare Verhalten der Schüler auf ein Zielerreichen hindeutet.
Tipp 2: Achtet auf die verwendeten Verben in eurer Standardkonkretisierung. Negativ-Beispiel: Die SuS können [what ever]. Die Frage, die euch nach einer solchen Formulierung zurecht gestellt werden wird: „Und woran erkennen Sie, dass die SuS das können?“. Es ist damit nicht klar, ob ihr eurer Stundenziel erreicht habt, denn eure Formulierungen müssen überprüfbar sein. Oft bieten sich Formulierungen an, die einen Nebensatz mit „indem“ beginnen. Wenn ihr also Verben verwenden möchtet, die nicht oder nur schwer überprüfbar sind, konkretisiert dieses in einem Nebensatz. Der Idealfall ist aber, ganz bewusst überprüfbare Handlungen der Schüler zu formulieren, und das sehr konkret im Unterrichtskontext.
Kapitel 4.1: Allgemeine Unterrichtsvoraussetzungen
Kapitel 4.1. ist schnell geschrieben, wenn ihr eure Lerngruppe kennt. Hier gehören alle relevanten Informationen hinein, die Einfluss auf euren Unterricht nehmen.
Welche Informationen gehören in eure Beschreibung?
- Informationen zu eurer Lerngruppe: Anzahl der SuS, Jungen-/Mädchenanteil, Besonderheiten, z.B. Motivation, besonders hohe Heterogenität, …
- Organisatorisches: Raumgröße, Ausstattung des Raumes, Sitzordnung, …
- Besondere Umstände: späte Stunde, kleiner Raum, vorheriger Stundenausfall, …
- Besonderheiten einzelner SuS: z.B. Inklusionsstatus (Auswirkungen erläutern!), …
Wichtig für euch: Aufzuzählen, wie eure Lerngruppe ist, welche Besonderheiten der Raum aufweist oder dass Schüler mit Inklusionsstatus anwesend sind, ist nur die halbe Miete. Relevant ist an der Stelle, welche Auswirkungen dies auf euren Unterricht hat.
Beispiele:
- Der Raum ist besonders klein, so dass kein Platz für platzfordernde Methoden ist.
- Die gezeigte Stunde findet in der letzten Unterrichtsstunde am Nachmittag statt, so dass mit Unruhe und Aufmerksamkeitsproblemen gerechnet werden muss.
- Ein Schüler ist ein Autist und besitzt einen Nachteilsausgleich, der Folgendes beinhaltet: [Inhalt].
Hier nun zwei Beispiele von mir. Bitte habt Verständnis dafür, dass ich Inhalte unkenntlich machen oder streichen musste, um meine Schüler zu schützen.
Kapitel 4.2: Begründung der Lehr- und Lernstruktur
Nach der Standardkonkretisierung ist das folgende Unterkapitel das wichtigste in eurem Unterrichtsentwurf. Ihr habt euch sicherlich zahlreiche Gedanken über den Verlauf eurer Stunde gemacht. Hattet Ideen, habt diese wieder verworfen, habt zwischen Alternativen entscheiden müssen und eine Lösung gefunden. All das gehört in eure Begründung der Lehr- und Lernstruktur. Dieses Kapitel ist übrigens auch das, das den Großteil eures Unterrichtsentwurfs darstellen sollte, denn es ist besonders wichtig und wird von euren Seminarleitern auf jeden Fall gelesen werden.
Es gibt unterschiedliche Arten, diesen Teil des Unterrichtsentwurf aufzubauen. Ich bin stets im Stundenverlauf chronologisch vorgegangen. Das hat den Vorteil, dass man nichts Wichtiges vergisst. Ich schrieb in Teil 1 bereits, dass eine gute Struktur essentiell ist. Das möchte ich an dieser Stelle wiederholen: Strukturiert diesen Teil besonders gut, damit er lesbar bleibt. Nutzt Absätze und verwendet am Anfang eines Sinnabschnitts Wörter wie beispielsweise Gruppenarbeitsphase, Partnerarbeit, Einstieg, Erarbeitung. Diese könnt ihr fett markieren – das gibt dem Leser auch beim Überfliegen direkt einen Eindruck, worum es in dem folgenden Abschnitt geht.
Was gehört in die Begründung der Lehr- und Lernstruktur?
Eigentlich lässt sich der Inhalt in einem einzigen Wort zusammenfassen: Begründungen. Ihr müsst eure Unterrichtsstunde begründen. Warum habt ihr den Einstieg so gewählt? Was wollt ihr damit bezwecken? Warum in der Stunde eine Gruppenarbeit und keine Partner- oder Einzelarbeit? Warum habt ihr diese Arbeitsphase so geplant wie ihr es getan habt? Wie differenziert ihr? Das sollen ein paar Beispiele sein. Macht euch klar: Die Begründung der Lehr- und Lernstruktur soll keine Nacherzählung eures Verlaufsplans sein, sondern eure Unterrichtsstunde begründen.
Begründet also jede einzelne Darlegung (genauso gemeint, wie es da steht), die ihr macht. Bevor ihr euch mein Beispiel anschaut, hier ein paar Fragestellungen, die euch hoffentlich helfen:
- Warum setzt ihr ein bestimmtes Ritual ein? Wofür ist es hilfreich?
- Warum habt ihr den Einstieg so gewählt wie ihr es getan habt?
- Warum setzt ihr an unterschiedlichen Stellen welche Sozialform ein?
- Warum habt ihr euch für ein Unterrichtsgespräch (z.B.) entschieden statt [xyz]?
- Warum differenziert ihr an bestimmten Stellen und wie? Warum nicht anders?
- Warum habt ihr eure Schüleraktivitäten auf eine bestimmte Art geplant?
- Warum habt ihr Aufgaben entsprechend gestellt? (Aufgabenanalyse)
- Welche alternativen Ausstiege habt ihr geplant und warum sind diese von Mehrwert für die SuS?
Ihr merkt, ihr dürft in diesem Kapitel ganz nah an eurer Stundenplanung arbeiten, müsst diese aber immer in einer Verknüpfung mit euren SuS und einer Begründung darlegen. Aufgrund der Länge des Abschnitts habe ich mich an dieser Stelle auf ein Beispiel beschränkt. Wenn ein zweites gewünscht ist, lasst es mich wissen.
So, das war Teil 3. Es folgt der letzte Teil des Unterrichtsentwurfs: Das geht einher mit Tipps für die Darstellung eures Verlaufsplans, die Gestaltung des Anhangs und Hinweise zu den Bild- und Literaturverzeichnissen.
Ich hoffe, Teil 3 war für euch hilfreich und gibt euch einen genauen Eindruck, was im Herzstück eures Unterrichtsentwurfs von euch erwartet wird. Lasst es mich doch bitte wissen. Ich freue mich über eure Kommentare!
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